Germanen: Unterschied zwischen den Versionen

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__INDEX__ {{EX}} {{L}} [[Datei:Germanen.jpeg|thumb|250px|[[Die alten Germanen]]]]  [[Datei:Germanische Siedlung.jpeg|thumb|250px| Auf dem schwer zugänglichen, 360 Meter langen und 250 Meter breiten Hochplateau des Oberleiserbergs im heutigen Österreich errichten germanische Sueben um 380 n. Chr. 
eine Siedlung, die sie mit einem Wall und einer Palisade gegen Angriffe vorbeiziehender Feinde sicherten.]]
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Die '''Germanen''' ([[Lateinische Sprache|lat]]. ''Germani'') waren eine Gruppe von [[Indogermanen|indogermanischen Völkern]], die seit dem 1. Jahrtausend v. Chr. weite Teile [[Nordeuropa|Nord]]- und [[Mitteleuropa]]s besiedelten und deren Einfluss auf die [[Europäische Geschichte|europäische Geschichte]] bis ins 10. Jahrhundert n. Chr. hineinreichte. Der Begriff „Germanen“ wurde von [[römisch]]en Autoren geprägt, um die verschiedenen Stämme zu beschreiben, die jenseits der römischen Grenzen im heutigen [[Deutschland]], [[Dänemark]] und [[Skandinavien]] lebten. Diese Völker zeichnen sich durch gemeinsame [[Germanische Kultur|kulturelle]], [[Germanische Sprachen|sprachliche]] und [[Germanische Religion|religiöse]] Merkmale aus, obgleich sie keine politische Einheit bildeten. Ihr Wandel von einer lose verbundenen [[Germanische Stammesgesellschaft|Stammesgesellschaft]] der [[Antike]] zu den [[Germanische Königreiche|Königtümern]] des [[Mittelalter]]s markiert eine der bedeutendsten Entwicklungen in der [[Europäische Geschichte|europäischen Geschichte]].
Die '''Germanen''' ([[Lateinische Sprache|lat]]. ''Germani'') waren eine Gruppe von [[Indogermanen|indogermanischen Völkern]], die seit dem 1. Jahrtausend v. Chr. weite Teile [[Nordeuropa|Nord]]- und [[Mitteleuropa]]s besiedelten und deren Einfluss auf die [[Europäische Geschichte|europäische Geschichte]] bis ins 10. Jahrhundert n. Chr. hineinreichte. Der Begriff „Germanen“ wurde von [[römisch]]en Autoren geprägt, um die verschiedenen Stämme zu beschreiben, die jenseits der römischen Grenzen im heutigen [[Deutschland]], [[Dänemark]] und [[Skandinavien]] lebten. Diese Völker zeichnen sich durch gemeinsame [[Germanische Kultur|kulturelle]], [[Germanische Sprachen|sprachliche]] und [[Germanische Religion|religiöse]] Merkmale aus, obgleich sie keine politische Einheit bildeten. Ihr Wandel von einer lose verbundenen [[Germanische Stammesgesellschaft|Stammesgesellschaft]] der [[Antike]] zu den [[Germanische Königreiche|Königtümern]] des [[Mittelalter]]s markiert eine der bedeutendsten Entwicklungen in der [[Europäische Geschichte|europäischen Geschichte]].


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== Herkunft und frühe Ausbreitung ==
== Herkunft und frühe Ausbreitung ==
[[Datei:Germanien.png|thumb|250px|Das [[Germania magna|große Germanien]] wurde vom Römischen Reich niemals erobert und damit unterworfen. Für die Römer blieben die Germanen unbesiegbar.]]
Die Ursprünge der Germanen lassen sich auf die [[Nordische Bronzezeitkultur|nordische Bronzezeitkultur]] (1800 bis 500 v. Chr.) zurückführen, deren Ausläufer sich in das erste Jahrtausend v. Chr. fortsetzten. Diese Kultur breitete sich allmählich in den Gebieten des heutigen Skandinaviens und [[Nordgermanien|Norddeutschlands]] aus. Die Germanenstämme waren überwiegend sesshafte Bauern, die in kleinen Siedlungen lebten, ihre Gesellschaft war jedoch stark kriegerisch geprägt, was durch Funde von Waffen und Befestigungsanlagen belegt wird. [[Archäologie|Archäologische Funde]] weisen darauf hin, dass die Germanen Kontakte zu den [[Kelten]] im [[Westgermanien|Westen]] sowie zu den Römern im [[Südgermanien|Süden]] pflegten, sowohl in Form von Handel als auch in militärischen Auseinandersetzungen.
Die Ursprünge der Germanen lassen sich auf die [[Nordische Bronzezeitkultur|nordische Bronzezeitkultur]] (1800 bis 500 v. Chr.) zurückführen, deren Ausläufer sich in das erste Jahrtausend v. Chr. fortsetzten. Diese Kultur breitete sich allmählich in den Gebieten des heutigen Skandinaviens und [[Nordgermanien|Norddeutschlands]] aus. Die Germanenstämme waren überwiegend sesshafte Bauern, die in kleinen Siedlungen lebten, ihre Gesellschaft war jedoch stark kriegerisch geprägt, was durch Funde von Waffen und Befestigungsanlagen belegt wird. [[Archäologie|Archäologische Funde]] weisen darauf hin, dass die Germanen Kontakte zu den [[Kelten]] im [[Westgermanien|Westen]] sowie zu den Römern im [[Südgermanien|Süden]] pflegten, sowohl in Form von Handel als auch in militärischen Auseinandersetzungen.


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== Gesellschaft und Stammesorganisation ==
== Gesellschaft und Stammesorganisation ==
[[Datei:Thing.jpeg|thumb|250px|Das Thing — Versammlung der germanischen Ältesten]]
Die germanische Gesellschaft war von einer [[Germanische Gesellschaft|strengen Stammesstruktur]] geprägt. Im Zentrum dieser Gesellschaft standen der Adel und der Kriegerstand, die ihre Macht aus persönlichen Heldentaten und militärischen Erfolgen schöpften. Der Stamm war die zentrale Einheit des sozialen Lebens, und der Zusammenhalt wurde durch Loyalität zu einem Anführer, dem sogenannten „König“ oder „Fürsten“, gesichert. Diese Führer erlangten ihre Macht durch Gefolgschaftsverbände, die auf persönlichen Bindungen und der Verteilung von Kriegsbeute beruhten. [[Tacitus]] beschreibt in seinem Werk „[[Germania (Tacitus)|Germania]]“, dass die Germanen in Zeiten des Friedens von Ältesten oder Stammesräten regiert wurden, während in Kriegszeiten die Anführer eine zentrale Rolle spielten.
Die germanische Gesellschaft war von einer [[Germanische Gesellschaft|strengen Stammesstruktur]] geprägt. Im Zentrum dieser Gesellschaft standen der Adel und der Kriegerstand, die ihre Macht aus persönlichen Heldentaten und militärischen Erfolgen schöpften. Der Stamm war die zentrale Einheit des sozialen Lebens, und der Zusammenhalt wurde durch Loyalität zu einem Anführer, dem sogenannten „König“ oder „Fürsten“, gesichert. Diese Führer erlangten ihre Macht durch Gefolgschaftsverbände, die auf persönlichen Bindungen und der Verteilung von Kriegsbeute beruhten. [[Tacitus]] beschreibt in seinem Werk „[[Germania (Tacitus)|Germania]]“, dass die Germanen in Zeiten des Friedens von Ältesten oder Stammesräten regiert wurden, während in Kriegszeiten die Anführer eine zentrale Rolle spielten.
[[Datei:Germanengehöft.jpeg|thumb|250px| Nachbau eines Germanengehöfts.]]
[[Datei:Germanengehöft.jpeg|thumb|250px| Nachbau eines Germanengehöfts.]]
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== Religion und Mythologie ==
== Religion und Mythologie ==
[[Datei:Germanische Götter.jpeg|thumb|250px| Namentliche Darstellungen der germanischen Götter.]]
Die [[Germanische Religion|Religion der Germanen]] war polytheistisch und basierte auf einer Verehrung von Naturgottheiten und Ahnenkulten. [[Liste germanischer Götter|Die wichtigsten Götter]] waren Wodan (auch Odin), der als Kriegsgott und Gott der Weisheit verehrt wurde, Donar (Thor), der Gott des Donners, und Frija (Freyja), die Göttin der Fruchtbarkeit.[[Germanischer Opferkult|Opferkulte und Rituale]] spielten eine zentrale Rolle im religiösen Leben der Germanen, wobei sowohl Tiere als auch Menschen geopfert wurden, um die Götter zu besänftigen oder ihren Beistand in Kriegszeiten zu erlangen.
Die [[Germanische Religion|Religion der Germanen]] war polytheistisch und basierte auf einer Verehrung von Naturgottheiten und Ahnenkulten. [[Liste germanischer Götter|Die wichtigsten Götter]] waren Wodan (auch Odin), der als Kriegsgott und Gott der Weisheit verehrt wurde, Donar (Thor), der Gott des Donners, und Frija (Freyja), die Göttin der Fruchtbarkeit.[[Germanischer Opferkult|Opferkulte und Rituale]] spielten eine zentrale Rolle im religiösen Leben der Germanen, wobei sowohl Tiere als auch Menschen geopfert wurden, um die Götter zu besänftigen oder ihren Beistand in Kriegszeiten zu erlangen.


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== Germanische Sprache ==
== Germanische Sprache ==
[[Datei:Germanische Sprachen.gif|thumb|250px| Die Grafik zeigt die germanische Sprachfamilie.]]
[[Datei:Germanische Sprachfamilie.gif||thumb|250px| Die Grafik zeigt jene Sprachen, die aus den germanischen Sprachen hervorgegangen sind.]]
Die [[germanische Sprachen|germanische Sprache]] ist eine Sprachfamilie, die ursprünglich [[Nordeuropa]] beheimatet war und aus der sich die heutigen germanischen Sprachen wie [[Deutsche Sprache|Deutsch]], [[Englische Sprache|Englisch]], [[Niederländische Sprache|Niederländisch]], die [[Skandinavien|skandinavischen]] Sprachen sowie einige andere entwickelt haben. Die älteste Form dieser Sprache, das sogenannte ''[[Urgermanische Sprache|Urgermanische]]'', entstand wahrscheinlich um das 1. Jahrtausend v. Chr. und war die gemeinsame Wurzel aller germanischen Sprachen.
Die [[germanische Sprachen|germanische Sprache]] ist eine Sprachfamilie, die ursprünglich [[Nordeuropa]] beheimatet war und aus der sich die heutigen germanischen Sprachen wie [[Deutsche Sprache|Deutsch]], [[Englische Sprache|Englisch]], [[Niederländische Sprache|Niederländisch]], die [[Skandinavien|skandinavischen]] Sprachen sowie einige andere entwickelt haben. Die älteste Form dieser Sprache, das sogenannte ''[[Urgermanische Sprache|Urgermanische]]'', entstand wahrscheinlich um das 1. Jahrtausend v. Chr. und war die gemeinsame Wurzel aller germanischen Sprachen.


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== Germanen und das Römische Reich ==  
== Germanen und das Römische Reich ==  
[[Datei:Varusschlacht.jpeg|thumb|250px|Ein durch Germanen getöteter römischer Legionär während der Varusschlacht.]]
Der Kontakt der Germanen mit dem [[Römisches Reich|Römischen Reich]] prägte die Entwicklung dieser Völker nachhaltig. Im 1. Jahrhundert v. Chr. traten die Germanen erstmals in den römischen Quellen in Erscheinung, als sie unter Führung des [[Sueben|suebischen]] Königs Ariovist in [[Gallien|gallisches]] Gebiet vordrangen und dort auf die Armeen [[Caesar|Julius Caesars]] trafen. In der [[Schlacht bei Bibracte]] 58 v. Chr. besiegte Caesar die Germanen, und in der Folge wurden die [[Germanisch-Römische Geschichte|römisch-germanischen Beziehungen]] durch wiederkehrende Konflikte und Auseinandersetzungen geprägt. Die [[Varusschlacht|Schlacht im Teutoburger Wald]] im Jahre 9 n. Chr., in der germanische Stämme unter der Führung des [[Cherusker]]s [[Arminius]] drei römische Legionen vernichteten, markierte einen Wendepunkt in der [[Römische Geschichte|Geschichte der römischen Expansion]]. Nach dieser Niederlage zogen sich die Römer hinter den Rhein zurück und beschränkten ihre Herrschaft auf die linksrheinischen Gebiete.
Der Kontakt der Germanen mit dem [[Römisches Reich|Römischen Reich]] prägte die Entwicklung dieser Völker nachhaltig. Im 1. Jahrhundert v. Chr. traten die Germanen erstmals in den römischen Quellen in Erscheinung, als sie unter Führung des [[Sueben|suebischen]] Königs Ariovist in [[Gallien|gallisches]] Gebiet vordrangen und dort auf die Armeen [[Caesar|Julius Caesars]] trafen. In der [[Schlacht bei Bibracte]] 58 v. Chr. besiegte Caesar die Germanen, und in der Folge wurden die [[Germanisch-Römische Geschichte|römisch-germanischen Beziehungen]] durch wiederkehrende Konflikte und Auseinandersetzungen geprägt. Die [[Varusschlacht|Schlacht im Teutoburger Wald]] im Jahre 9 n. Chr., in der germanische Stämme unter der Führung des [[Cherusker]]s [[Arminius]] drei römische Legionen vernichteten, markierte einen Wendepunkt in der [[Römische Geschichte|Geschichte der römischen Expansion]]. Nach dieser Niederlage zogen sich die Römer hinter den Rhein zurück und beschränkten ihre Herrschaft auf die linksrheinischen Gebiete.


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== Völkerwanderung und Christianisierung ==
== Völkerwanderung und Christianisierung ==
[[Datei:Christianisierung der Germanen.jpeg|thumb|250px| Christianisierung der Germanen: Bonifatius fällt die Donaueiche in Hessen.]]
Die [[Völkerwanderung]] im 4. bis 6. Jahrhundert n. Chr. brachte eine neue Phase der [[Germanische Geschichte|germanischen Geschichte]]. Ausgelöst durch den Druck der Hunnen aus dem Osten, begannen zahlreiche germanische Stämme, darunter die [[Goten]], [[Vandalen]] und [[Langobarden]], nach Westen und Süden vorzudringen. Diese Migrationsbewegungen führten zu massiven Veränderungen in der politischen Landschaft [[Europa]]s und trugen wesentlich zum [[Untergang des Weströmischen Reiches am 4. September 476 durch die Westgoten|Untergang des Weströmischen Reiches]] bei. Viele germanische Stämme gründeten auf den Trümmern des Reiches eigene Königreiche, darunter die [[Westgoten]] in Spanien, die [[Ostgoten]] in [[Italien]] und die [[Franken]] in [[Gallien]].
Die [[Völkerwanderung]] im 4. bis 6. Jahrhundert n. Chr. brachte eine neue Phase der [[Germanische Geschichte|germanischen Geschichte]]. Ausgelöst durch den Druck der Hunnen aus dem Osten, begannen zahlreiche germanische Stämme, darunter die [[Goten]], [[Vandalen]] und [[Langobarden]], nach Westen und Süden vorzudringen. Diese Migrationsbewegungen führten zu massiven Veränderungen in der politischen Landschaft [[Europa]]s und trugen wesentlich zum [[Untergang des Weströmischen Reiches am 4. September 476 durch die Westgoten|Untergang des Weströmischen Reiches]] bei. Viele germanische Stämme gründeten auf den Trümmern des Reiches eigene Königreiche, darunter die [[Westgoten]] in Spanien, die [[Ostgoten]] in [[Italien]] und die [[Franken]] in [[Gallien]].