Untergang des Weströmischen Reiches am 4. September 476 durch die Westgoten

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Der Untergang des Weströmischen Reiches am 4. September 476 durch die Westgoten markiert einen entscheidenden Wendepunkt in der Geschichte der Spätantike und den Übergang in das Frühmittelalter. Das |Weströmische Reich hatte über Jahrhunderte hinweg sowohl innere als auch äußere Krisen erlebt, die es zunehmend schwächten. Die politische Instabilität, die häufigen Machtwechsel, die wachsende Bedeutung von Söldnerarmeen und die Bedrohung durch zahlreiche Völkerwanderungen trugen maßgeblich zu seinem Niedergang bei. Bereits im 5. Jahrhundert war das Reich territorial erheblich geschrumpft, und bedeutende Provinzen wie Britannien, Hispania und Nordafrika waren unter die Kontrolle anderer Mächte geraten. Die Westgoten spielten in diesem Prozess eine zentrale Rolle, da sie nicht nur als Feinde, sondern zeitweise auch als Verbündete Roms agierten.

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Untergang des Weströmischen Reiches am 4. September 476 durch die Westgoten.

Rolle der Westgoten im Niedergang Roms

Die Westgoten, ein germanisches Volk, das in der Spätantike in den römischen Machtbereich eindrang, hatten bereits 410 mit der Plünderung Roms unter ihrem König Alarich I. ein Zeichen ihrer Stärke gesetzt. Ursprünglich als Föderaten in das Römische Reich aufgenommen, entwickelten sie sich zunehmend zu einer eigenständigen politischen und militärischen Macht. Nach der Niederlage gegen den römischen Heermeister Flavius Aëtius in der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern im Jahr 451 verstärkten die Westgoten ihre Position in Südwestgallien und Hispania. Ihre Fähigkeit, sich militärisch und politisch anzupassen, ermöglichte es ihnen, sich als dominierende Kraft im westlichen Mittelmeerraum zu etablieren.

Die Ereignisse, die schließlich zum Untergang des Weströmischen Reichs führten, wurden durch den westgotischen Einfluss und ihre fortwährenden militärischen Aktivitäten maßgeblich mitbestimmt. Insbesondere die Schwächung der römischen Infrastruktur und die fortschreitende Erosion der kaiserlichen Autorität schufen ein Machtvakuum, das die Westgoten und andere germanische Völker wie die Vandalen und Ostgoten für ihre eigenen Zwecke nutzen konnten.

Absetzung des letzten weströmischen Kaisers Romulus Augustulus

Am 4. September 476 kam es zum symbolischen Ende des Weströmischen Reichs, als der germanische Heerführer Odoaker, der zuvor als Offizier in römischen Diensten gestanden hatte, den erst etwa 15-jährigen Kaiser Romulus Augustulus absetzte. Der junge Kaiser, dessen Titel selbst zu dieser Zeit kaum mehr als eine symbolische Bedeutung hatte, residierte in Ravenna, einer Stadt, die einst als uneinnehmbar galt, aber mittlerweile ihren strategischen Vorteil eingebüßt hatte. Die Absetzung erfolgte, ohne dass es zu größeren militärischen Auseinandersetzungen kam, was den faktischen Machtverlust des römischen Kaisertums verdeutlicht.

Odoaker schickte die Insignien der kaiserlichen Macht nach Konstantinopel an Kaiser Zenon, der das oströmische Reich regierte, und erklärte, dass kein neuer Kaiser im Westen benötigt werde. Er übernahm selbst die Herrschaft über Italien, wobei er sich den Titel eines rex Italiae (König von Italien) zulegte. Diese Ereignisse markierten nicht nur das Ende der weströmischen Kaiserwürde, sondern auch den Übergang von einer römischen Zentralherrschaft zu einer Vielzahl germanischer Königreiche, die die politische Landschaft Europas in den folgenden Jahrhunderten prägten.

Bedeutung des 4. September 476

Der 4. September 476 wird oft als das Datum genannt, an dem das Weströmische Reich unterging, obwohl es sich hierbei eher um ein symbolisches denn um ein tatsächliches Ende handelte. Das römische Staatswesen hatte sich bereits in den Jahrzehnten zuvor in vielerlei Hinsicht aufgelöst. Die Verwaltungssysteme, die militärische Organisation und die ökonomische Grundlage des Reichs waren durch die inneren Konflikte und die äußeren Einwirkungen massiv geschwächt worden. Dennoch markiert die Absetzung Romulus Augustulus’ einen kulturellen und historischen Bruch, der das Ende der Antike und den Beginn des Mittelalters einläutete.

Aus der Perspektive der Westgoten und anderer germanischer Völker bedeutete dieses Ereignis jedoch keinen vollständigen Bruch mit der römischen Kultur. Vielmehr übernahmen sie viele Elemente des römischen Erbes, darunter das Rechtssystem, die Sprache und religiöse Traditionen wie das Christentum. Die Westgoten gründeten in der Folgezeit ein Königreich in Hispania, das eine wichtige Brücke zwischen der Antike und dem mittelalterlichen Europa darstellte.

Nachwirkungen und historische Bewertung

Der Untergang des Weströmischen Reichs wird von Historikern bis heute unterschiedlich interpretiert. Einige sehen ihn als einen abrupten und katastrophalen Einschnitt, der mit dem Verlust von Ordnung und Kultur einherging, während andere ihn als einen langwierigen Transformationsprozess betrachten, der sowohl Kontinuitäten als auch Brüche mit sich brachte. Sicher ist, dass die Westgoten und andere germanische Völker in den folgenden Jahrhunderten eine zentrale Rolle bei der Formung Europas spielten. Ihr Einfluss auf Politik, Gesellschaft und Kultur war tiefgreifend und nachhaltig.

Die Absetzung des letzten weströmischen Kaisers durch die Westgoten und Odoaker war nicht nur ein symbolisches Ende, sondern auch der Beginn einer neuen Epoche, in der die politische Macht dezentralisiert wurde und die Grundlagen für die mittelalterlichen Königreiche gelegt wurden. Das Weströmische Reich mag untergegangen sein, doch sein Erbe lebt bis heute in den Strukturen und Institutionen der westlichen Welt fort.

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