Verhältnis der Germanen zu den Hunnen

Das Verhältnis der Germanen zu den Hunnen stellt ein bedeutsames Kapitel in der Geschichte der Völkerwanderungszeit dar. Zwischen dem 4. und 5. Jahrhundert n. Chr. stießen diese beiden Völkergruppen im Zuge der groß angelegten Wanderungsbewegungen Europas aufeinander. Die Kontakte zwischen den Germanen und Hunnen waren geprägt von Konflikten, Bündnissen und einem tiefgreifenden Wandel der politischen und sozialen Ordnung in Europa.

Ankunft der Hunnen und ihre Auswirkungen

Die Hunnen, ein nomadisches Reitervolk, dessen Ursprünge in den eurasischen Steppen liegen, drangen um 375 n. Chr. in das Gebiet östlich des Dnjestr vor und setzten damit eine Kettenreaktion in Gang, die als Völkerwanderung bekannt wurde. Ihr Vormarsch brachte zahlreiche germanische Stämme in Bedrängnis, insbesondere die Goten. Die Westgoten und Ostgoten sahen sich gezwungen, ihre angestammten Siedlungsgebiete zu verlassen, um dem Druck der Hunnen zu entkommen. Dieser Prozess führte zu Migrationsbewegungen in Richtung des Römischen Reiches, das in der Folge mit einer wachsenden Zahl von Flüchtlingen konfrontiert war.

Die Hunnen zeichneten sich durch eine für die damalige Zeit neuartige Kriegsführung aus. Ihre Beweglichkeit und der massive Einsatz berittener Bogenschützen stellten sowohl die germanischen Stämme als auch die Römer vor große Herausforderungen. Die germanischen Gruppen, die in den Steppenregionen östlich der Karpaten lebten, waren am stärksten betroffen und erlitten teils verheerende Niederlagen. Der Fall des Reiches der Greutungen, einer ostgotischen Gruppe, unter dem Druck der Hunnen markierte einen Wendepunkt in der Geschichte der germanisch-hunnischen Beziehungen.

Germanen als Gegner der Hunnen

Die Germanen kämpften in verschiedenen Kontexten gegen die Hunnen. Einer der bekanntesten Konflikte war die Schlacht auf den Katalaunischen Feldern im Jahr 451 n. Chr., bei der eine Koalition aus Römern, Westgoten, Franken und anderen germanischen Gruppen unter der Führung des römischen Feldherrn Flavius Aëtius gegen die Hunnen unter ihrem Anführer Attila antrat. Diese Schlacht, die im heutigen Frankreich ausgetragen wurde, gilt als entscheidender Moment, da sie den weiteren Vormarsch der Hunnen in Westeuropa stoppte. Die Westgoten unter ihrem König Theoderich I. spielten dabei eine zentrale Rolle und leisteten erheblichen Widerstand gegen die hunnische Übermacht.

Auch in anderen Regionen Europas kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Germanen und Hunnen. Im Gebiet der Donau und des heutigen Ungarn waren insbesondere die Ostgoten in Kämpfe verwickelt, die sowohl durch offene Feldschlachten als auch durch lokale Aufstände gekennzeichnet waren. Diese Konflikte verdeutlichen, dass die germanischen Stämme trotz der militärischen Stärke der Hunnen in der Lage waren, Widerstand zu leisten und sich gegen die Expansion des hunnischen Reiches zur Wehr zu setzen.

Germanen im Dienst der Hunnen

Nicht alle Germanen standen den Hunnen feindlich gegenüber. In einigen Fällen traten germanische Gruppen in den Dienst der Hunnen, sei es aus Zwang oder freiwillig. Die Ostgoten etwa wurden nach ihrer Niederlage durch die Hunnen in deren Reich integriert und mussten an hunnischen Feldzügen teilnehmen. Auch einzelne germanische Krieger schlossen sich Attilas Heer an und kämpften in seinen Diensten. Diese germanischen Söldner spielten eine wichtige Rolle in der hunnischen Armee und trugen dazu bei, deren Schlagkraft zu erhöhen.

Die Integration germanischer Gruppen in das hunnische Reich führte zu einer kulturellen Durchmischung. In archäologischen Funden, etwa in Gräbern des 5. Jahrhunderts, lassen sich sowohl hunnische als auch germanische Elemente nachweisen. Dies deutet darauf hin, dass die Beziehungen zwischen den beiden Völkern nicht ausschließlich durch Feindschaft geprägt waren, sondern auch Phasen der Kooperation und gegenseitigen Beeinflussung umfassten.

Untergang des hunnischen Reiches und seine Folgen

Nach dem Tod Attilas im Jahr 453 n. Chr. brach das hunnische Reich rasch auseinander. Die Germanen, die zuvor unter hunnischer Herrschaft gestanden hatten, gewannen ihre Autonomie zurück und formierten sich zu neuen politischen Einheiten. Besonders die Ostgoten und Gepiden profitierten von diesem Machtvakuum und übernahmen Teile der ehemaligen hunnischen Gebiete. Die Schlacht am Fluss Nedao im Jahr 454, bei der germanische Stämme unter der Führung der Gepiden die verbliebenen hunnischen Truppen besiegten, markierte das endgültige Ende der hunnischen Vorherrschaft in Mitteleuropa.

Die Auflösung des hunnischen Reiches hatte tiefgreifende Auswirkungen auf die germanischen Stämme. Viele von ihnen konsolidierten ihre Macht und gründeten Königreiche, die zu zentralen Akteuren der Frühmittelalterlichen Welt wurden. Gleichzeitig hinterließ die Begegnung mit den Hunnen Spuren in der germanischen Kultur und Mythologie. Die Erinnerung an die Kämpfe gegen die Hunnen fand Eingang in germanische Heldensagen, wie etwa das Nibelungenlied, in dem die Hunnen als zentrale Gegner dargestellt werden.

Zusammenfassung

Das Verhältnis der Germanen zu den Hunnen war vielschichtig und umfasste Phasen der Feindschaft, der Unterwerfung und der Kooperation. Die Begegnung dieser beiden Völkergruppen trug maßgeblich zur Umgestaltung der politischen und kulturellen Landschaft Europas während der Völkerwanderungszeit bei. Die Germanen spielten eine Schlüsselrolle in den Ereignissen, die zum Aufstieg und Fall des hunnischen Reiches führten, und prägten durch ihren Widerstand und ihre Anpassungsfähigkeit die Geschichte dieser Epoche entscheidend mit.

©1997—2025 Andreas Alexander Ulrich (Urheber):  


Geschichtswissenschaftliche Nachschlagewerke

Enzyklopädien & Lexika

Germanische Altertumskunde Online (GAO)

Brockhaus Enzyklopädie

Brockhaus Schullexikon

Brockhaus Kinderlexikon

Encyclopædia Britannica

Britannica Kids

Encyclopedia.com

Wikipedia (Wiki)

World History Encyclopedia

Wissen.de

Bibliotheken

Deutsche Nationalbibliothek (DNB)

Deutsche Digitale Bibliothek (DDB)

British Library (BL)

Library of Congress (LCCN)

WorldCat

Archive

Deutsches Zeitungsportal

Internet Archive (Wayback Machine)

Zeno.org

Tagesschau (ARD / Das Erste)

Wörterbücher

Duden

Langenscheidt-Wörterbücher

Pons-Wörterbuch

Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache (DWDS)

Wissenschaftliche Publikationen

National Geographic

GEO

  • GEO ← Artikelsuche

WordPress

Atlanten

Diercke Weltatlas