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Die Westgoten waren ein Teilstamm der Goten, eines der bedeutendsten germanischen Völker der Spätantike und des Frühmittelalters. Sie entwickelten sich aus den sogenannten Terwingen, die im 3. Jahrhundert n. Chr. im heutigen Gebiet Rumäniens und der Ukraine siedelten. In der Folge spielten sie eine zentrale Rolle in den Konflikten mit dem Römischen Reich, bevor sie schließlich in der Iberischen Halbinsel ein eigenständiges Königreich gründeten.
Herkunft und frühe Geschichte
Die Ursprünge der Westgoten liegen in der späten Völkerwanderungszeit. Ihre Wurzeln gehen auf die Terwingen zurück, einen Stammesverband, der sich im 3. Jahrhundert im Gebiet des heutigen Rumäniens und der westlichen Ukraine herausbildete. Die Terwingen standen in regem Kontakt mit dem römischen Reich und wurden durch kulturelle, politische und militärische Einflüsse stark geprägt. Bereits in dieser Zeit kam es zu ersten militärischen Auseinandersetzungen zwischen den Terwingen und den Römern, die die weitere Geschichte der Westgoten maßgeblich beeinflussten.
In den Quellen taucht der Begriff „Westgoten“ erstmals bei römischen Schriftstellern des 4. Jahrhunderts auf, wobei die Bezeichnung oft eine Unterscheidung zu den Ostgoten (lat. Ostrogothi) markiert, die östlich von ihnen siedelten. Die Westgoten unterschieden sich kulturell, politisch und militärisch kaum von ihren ostgotischen Stammesgenossen, dennoch entwickelten sie sich im Laufe der Jahrhunderte zu einem eigenständigen Volksverband.
Westgoten und das Römische Reich
Der Kontakt zwischen den Westgoten und dem Römischen Reich intensivierte sich im 4. Jahrhundert. Insbesondere die Bedrohung durch die Hunnen führte dazu, dass die Westgoten im Jahr 376 n. Chr. um die Aufnahme ins Römische Reich baten. Kaiser Valens gewährte ihnen zunächst die Ansiedlung südlich der Donau, doch kam es aufgrund von Missständen bei der Versorgung und schlechter Behandlung durch römische Beamte zu Spannungen. Diese eskalierten 378 in der Schlacht von Adrianopel, in der die westgotischen Krieger unter ihrem Anführer Fritigern die römische Armee entscheidend schlugen und Kaiser Valens selbst den Tod fand.
Die folgende Zeit war von wechselnden Konflikten und Allianzen geprägt. Unter dem charismatischen König Alarich I. begannen die Westgoten, sich zu einem bedeutenden Machtfaktor in der spätantiken Welt zu entwickeln. 410 n. Chr. gelang es ihnen, Rom zu plündern, ein Ereignis, das in der Geschichte des Römischen Reiches großes Aufsehen erregte und oft als Symbol für den Niedergang der römischen Macht interpretiert wird.
Westgotisches Königreich in Gallien und Spanien
Nach der Plünderung Roms zogen die Westgoten weiter nach Gallien, wo sie zunächst als Föderaten des Römischen Reiches angesiedelt wurden. Unter König Athaulf und seinen Nachfolgern eroberten sie weite Teile des südlichen Gallien und errichteten ein eigenes Königreich mit der Hauptstadt Toulouse. In der Schlacht von Vouillé im Jahr 507 wurden die Westgoten jedoch von den Franken unter König Chlodwig I. entscheidend geschlagen und aus Gallien vertrieben. Dies führte zur Verlagerung ihres Machtzentrums auf die Iberische Halbinsel, wo sie in der Folgezeit das Westgotenreich von Toledo gründeten.
Das westgotische Königreich in Spanien war durch eine enge Verbindung von germanischen und romanischen Elementen geprägt. Während die westgotische Oberschicht zunächst an ihrer eigenen Sprache und Kultur festhielt, kam es im Laufe der Zeit zu einer zunehmenden Romanisierung. Insbesondere die Übernahme des Katholizismus unter König Rekkared I. im Jahr 589 förderte die Integration der westgotischen Herrscher mit der romanischen Mehrheitsbevölkerung.
Gesellschaft, Kultur und Religion
Die westgotische Gesellschaft war stark hierarchisch strukturiert. An der Spitze stand der König, dessen Macht durch eine aristokratische Führungsschicht begrenzt wurde. Diese Aristokratie spielte eine zentrale Rolle in der Verwaltung und militärischen Organisation des Reiches. Die Westgoten waren zunächst arianische Christen, doch mit der Konversion König Rekkareds zum Katholizismus wurde das westgotische Königreich auch religiös in die Tradition des römischen Erbes integriert.
Kulturell waren die Westgoten stark von der römischen Zivilisation beeinflusst. Viele ihrer Gesetze, wie etwa der berühmte Codex Euricianus, basierten auf römischen Vorbildern. Zugleich behielten sie jedoch einige eigene Traditionen bei, etwa in der Architektur, wo sie eine Mischung aus römischen und germanischen Elementen entwickelten.
Untergang des Westgotenreichs
Das westgotische Reich in Spanien bestand bis zum Beginn des 8. Jahrhunderts. Die zunehmende Schwäche der westgotischen Könige und interne Machtkämpfe machten das Reich anfällig für äußere Angriffe. 711 bis 718 drangen die muslimischen Mauren in die Iberische Halbinsel ein und besiegten die Westgoten unter König Roderich in der Schlacht am Guadalete. Mit dieser Niederlage endete die Herrschaft der Westgoten über Spanien, wenngleich sie in den nördlichen Regionen, insbesondere im Königreich Asturien, Spuren hinterließen, die die spätere Geschichte Spaniens prägten.
Bedeutung und Vermächtnis
Die Westgoten waren eine der bedeutendsten germanischen Gruppen, die in der Spätantike und im Frühmittelalter die politische Landschaft Europas gestalteten. Ihr Reich auf der Iberischen Halbinsel legte den Grundstein für viele der späteren politischen und kulturellen Entwicklungen in Spanien. Auch ihr Rechtswesen, das romanische und germanische Traditionen verband, hatte einen prägenden Einfluss auf die europäische Rechtsgeschichte. Heute werden die Westgoten oft als ein Beispiel für die Verschmelzung von Kulturen in einer Zeit des Übergangs zwischen der Antike und dem Mittelalter betrachtet.

Siehe auch
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Literaturverzeichnis
Bibliographie
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Darstellungen
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- Andreas Alexander Ulrich
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